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Die Deutsche Luftwaffe 1914-1941 (Das III Reich Sondersheft 02)
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Publisher: John Jahr Verlag 1974 76 Pages
ISBN:
PDF 78 MB
Als die Luftwaffe des Dritten Reichs im Jahre 1933 aus der Taufe gehoben wurde, waren ihre Schöpfer noch beschwingt vom Hochgefühl, daß es dem Menschen gelungen war, sich in die Lüfte zu erheben, und die Zeitspanne der „Romantik der Fliegerei" war noch nicht beendet. Die Kavaliere der Lüfte mit Lederhaube und wehendem Schal im offenen Cockpit der Doppeldecker galten als Symbol einer neuen Generation von Rittern. Die Portraits der großen Lufthelden Richthofen, Bölke, Immelmann hingen in den Offiziersmessen, von uns jungen Leutnants ehrfürchtig betrachtet.
In atemberaubendem Tempo wurde die neue Waffe buchstäblich aus dem Boden gestampft. Während die Truppe, d. h. die Piloten, Flak-Artilleristen, Fallschirmjäger und Fernmeldesoldaten in unglaublich kurzer Zeit ausgebildet wurden, wuchsen die Fliegerhorste und modernen Kasernenanlagen aus dem Boden. Göring, der Oberbefehlshaber, der „getreue Paladin" Hitlers - damals noch nicht so fett, faul und korrumpiert - war die Zentralfigur und das Idol der jungen Männer. Der „Pour-Ie-Merite" Flieger, der Held der Luftschlachten in Flanderns Himmel, riß mit energischer Initiative alle die mit, die sein „Schwert am Himmel" schmieden sollten. Doch als der Krieg begann, war die Luftwaffe noch keine „Waffe", mit der man etwa einen Kampf längerer Dauer hätte durchstehen und gewinnen können; sie war ein Torso. Die Doktrin des Luftkrieges war noch unausgegoren und ohne Konturen. Daß man möglicherweise einen Krieg beinahe globalen Ausmaßes über Jahre kämpfen müsse, daran hatte man noch nicht einen Gedanken verschwendet - aber diesen Krieg mußte die junge Luftwaffe kämpfen und verlor ihn.
So war, als der Krieg dann ausbrach, nicht mehr vorhanden als eine Waffe sehr kontinentaler Prägung für eine mögliche Auseinandersetzung innerhalb der geographischen Gegebenheiten Zentral-Europas. Obgleich Ansätze für die strategische Luftkriegführung, nämlich gegen die Kraftquellen eines Gegners bestanden, reifte keines der entwickelten viermotorigen Flugzeuge zur Einsatzreife, bevor 1945 die Katastrophe allem ein Ende setzte. Obgleich also zu Beginn des Krieges keine „strategische" Bomberflotte existierte, hatte man die Luftverteidigung der Heimat vernachlässigt. Das
sollte tragische Folgen haben und ist wenig verständlich, denn die Einflußreichen unter den Schöpfern der jungen Waffe, an ihrer Spitze Göring, kamen aus den Jagdfliegerstaffeln von Richthofen, Immelmann und Bölke. Auch war bei Kriegsbeginn die Luftfahrtindustrie noch nicht in der Lage, Flugzeuge in Massen zu produzieren, wenngleich die deutschen Erfinder und Techniker auf dem Entwicklungsgebiet ingeniös und in den meisten Sparten den Angelsachsen überlegen waren.
Trotzdem waren die ersten zwei Jahre des Krieges ein einziger Erfolg. Wir Flieger an der Front waren erfaßt vom Rausch der Siege - Polen, Norwegen, Frankreich - und hatten ein starkes Gefühl der Überlegenheit entwickelt -und wir waren überlegen. Als im September 1940 das, was man heute in der Geschichte die „Luftschlacht um England" nennt, zu Ende ging, waren wir besiegt. Und zum erstenmal hatten wir die bittere Erfahrung gemacht, daß die Führung auch brutal und rücksichtslos sein konnte - und daß sie eigentlich kein Konzept hatte. Im Juni 1940 begann das Unternehmen „Barbarossa", der Angriff gegen die Sowjetunion, ein Triumph der Überlegenheit. Die deutsche Luftwaffe kämpfte gegen eine Luftwaffe von gestern. Die Jagdgründe waren für die deutschen Jäger unerschöpflich. Die Kampfflieger leisteten Übermenschliches mit einer Bomberflotte, die nicht in der Lage war, „strategisch in der Tiefe des Raumes" den Gegner in die Knie zu zwingen. Dann kam der erste schreckliche Winter. Das Frühjahr 1942 brachte neue Erfolge, aber die deutschen Armeen stießen ins Leere, Stalingrad war ein Menetekel. Die Transportflieger wie die 6. Armee fanden dort ihr Grab. Nun holten die Alliierten zur großen Luftoffensive aus. Die großen „fliegenden Festungen", die 4motorigen strategischen Bomber der U.S. Air Force, stellten die deutschen Jagdflieger vor eine Aufgabe, die sie bis Kriegsende nicht lösen konnten. Wir, die Jagdflieger, setzten uns im aufopfernden, hoffnungslosen Abwehrkampf der Reichsverteidigung, ein und glaubten an nichts mehr. Das Stundenglas war ausgelaufen. Was die Soldaten der Luftwaffe geleistet haben, sucht seinesgleichen in der Kriegsgeschichte. 5 1/2 Jahre Einsatz, Kampf, Aufopferung für die meisten, die erkannten, daß sie einer rücksichtslosen, menschenverachtenden Führung dienten, die sie mißbrauchte und auslieferte, war dies ein Kampf, begleitet von der Hoffnungslosigkeit und schließlich von Resignation.
Johannes Steinhoff General a. D.
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