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SS Verfugungstruppe und Waffen SS 1939-1945 (Das III Reich Sondersheft 12)
Publisher: John Jahr Verlag 1974 84 Pages
PDF 93 MB
An der Spitze dieser Betrachtungen sollte das positive Urteil des Generalobersten Guderian stehen: „Die Soldaten der Waffen-SS fochten Schulter an Schulter mit den Soldaten des Heeres und wurden -je länger der Krieg dauerte, desto mehr - die unseren." Dies Wort, in seinen Erinnerungen nach dem Kriege geschrieben, galt vornehmlich den militärischen SS-Verbänden, die bald nach der Machtübernahme und in den ersten Kriegsjahren in immer wachsender Zahl vom Reichsführer SS aufgestellt wurden. Personell und materiell gegenüber dem Heer bevorzugt ausgestattet, von diesem oft beneidet, entwickelte sich unbeschadet ihrer Entstehungsgeschichte im Bewußtsein der gemeinsamen Aufgabe im Felde eine in vielen Kämpfen bewährte echte Kampfgemeinschaft. Ihre Leistungen fanden hohes Lob und Anerkennung in Tagesbefehlen von militärischen Führern und Kommandeuren. Zum Glück wirkte sich der Vorbehalt des Heeres, das im Entstehen und Vergrößern der SS-Verbände ein immer weiteres Abweichen Hitlers von seinem einst feierlich verkündeten Grundsatz „vom Heere als dem alleinigen Waffenträger der Nation" sah, nicht auf die Kameradschaft an der Front aus. Allein dieser Frontkameradschaft und der Einsicht der Männer aller Einheiten und Dienstgrade in die gemeinsame Aufgabe isteszu verdanken, daß das „Schulter an Schulter" von Heer und Waffen-SS bis zum bitteren Ende auch in den sich zuletzt mehr und mehr in einzelne Kampfräume auflösenden Fronten Bestand behielt. Wir müssen uns bei derlei Betrachtungen erinnern, daß spätestens Ende 1942 nach Auslaufen der zweiten großen Offensive gegen Rußland die Wende des Krieges eingetreten war. Die Diskrepanz zwischen den Machtansprüchen der politischen Führung und den Möglichkeiten und Mitteln des Reiches wuchs von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr. Der Kräfte haushält, von Anfang an beeinträchtigt durch das Gegeneinander der verschiedenen Wehrmachtteile untereinander und gegenüber den Sonderdienststellen der Partei - wobei die Waffen-SS oft auf Seiten des Heeres stand -, war nicht mehr in der Lage, die großen Verluste an Personal und Material dort zu ersetzen, wo sie am nötigsten gebraucht wurden.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Vergrößerung der Waffen-SS ab 1943 zu beurteilen. Entsprach vorher schon
die Zusammenfassung der ersten SS-Verbände zu Divisionen und Korps -entgegen der ursprünglichen Absicht Hitlers -, besonders aber die Aufstellung eines eigenen Armeeoberkommandos der Waffen-SS neben den entsprechenden Kommandobehörden des Heeres bei der allgemeinen Knappheit an voll qualifiziertem Führungspersonal mehr einem politischen Prestige-Denken als einer militärischen Notwendigkeit, so führte nunmehr die jährlich steigende Zahl neuer SS-Divisionen und -Korps personell und materiell an die äußerste Leistungsgrenze des Reiches. Kein geringerer als der auch im Heer hoch angesehene Oberstgruppenführer Hauser bestätigte die Schwierigkeiten in der Stellenbesetzung mit erprobten Führern und Unterführern und die Mängel der Materialausstattung bei den neu aufgestellten SS-Verbänden.
Von dem Prinzip der Freiwilligkeit hatte man längst abgehen müssen. Ohne Übernahme ganzer Volksgruppen aus den besetzten Gebieten und ohne Wehrpflichtige einzuziehen, waren die von der SS gesteckten Ziele nicht zu erreichen. Ob Freiwillige oder Gezogene, die Männer selbst fühlten sich als Soldaten und wollten auch nichts anderes als Soldaten sein. Die Tragik der Waffen-SS ganz allgemein bestand darin, daß sie als Teil der Gesamt-SS, in ihren ersten Anfängen im wesentlichen aus den „Schutzstaffeln" und der „Verfügungstruppe" hervorgegangen, mit all diesen Teilen zusammen dem Befehl desselben Reichsführers SS unterstand - unabhängig von ihrem jeweiligen Einsatz an der Front. Personelle Überschneidungen konnten deshalb nicht ausbleiben. Dem oberflächlich Informierten ist es daher kaum möglich, zwischen den rein militärischen Verbänden der Waffen-SS und den vielen SS-Einheiten zu unterscheiden, an denen infolge ihrer Verwendung in Heimat und besetzten Gebieten das Odium der KZ-Greuel bis heute hängenblieb. Zur Ehre der Waffen-SS muß gesagt werden, daß ihre verantwortlichen Führer sich von diesen SS-Gruppen scharf distanzierten. Zu Recht bekannten sich die führenden Männer der ehemaligen Waffen-SS auch nach der Niederlage offen zu dem Grundsatz: „Wo das Verbrechen beginnt, hört die Kameradschaft auf."
Kurt v. Einem Brigadegeneral d. Bw.a.D.
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